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38 Freundinnen und Freunde aus Nordbaden bestiegen am Samstag, den 4.5.2013 den Bus, um zum Mitarbeiterfachtag zu gelangen, der in diesem Jahr ganz im Süden des Ländles, nämlich in Mimmenhausen, nahe des Bodensees, stattfand. Bisher waren es meist die Freundeskreisler aus der Bodenseeregion, die zu Veranstaltungen des Landesverbandes eine lange Anreise in Kauf nehmen mussten. Um dem ein wenig entgegenzuwirken, hatte der Landesverband bereits im Jahre 2010 einen eigenen Mitarbeiterfachtag nur für diese südliche Region veranstaltet. In diesem Jahr wurde dann der jährlich stattfindende landesweite Fachtag gleich an den Bodenseeraum verlegt.
Im Dorfgemeinschaftshaus Mimmenhausen wurden dann alle TeilnehmerInnen von Alois Kidritsch, dem Landesbeauftragten für die Bodenseeregion, auf das Herzlichste begrüßt. Dessen langjähriges Engagement für die Freundeskreisarbeit vor Ort, für Suchthilfearbeit insgesamt in der Region und für die Mitarbeit im Landesverband wurde dann gleich im Anschluss gebührend geehrt, indem ihm der Landesvorsitzende Ludwig Engels das Kronenkreuz in Gold, die höchste Auszeichnung des Diakonischen Werkes, überreichen durfte.
Als Referent für den heutigen Fachtag stellt sich Herr Jürgen Schuler, seines Zeichens Leiter der Suchtberatung im Diakonischen Werk Friedrichshafen, vor. Wie er erzählte, ist er bereits in jungen Jahren, noch vor seinem Studium, mit der Suchtkranken-Selbsthilfe in engen Kontakt gekommen, da Suchterkrankung auch in seiner Familie „ein Thema“ war. Und so nimmt es dann auch nicht wunder, dass sein Referat mit grundsätzlichen Aussagen über die Selbsthilfearbeit begann.
Aus dem Referat
Zur Wirkung von Selbshilfegruppen wurden nachfolgende Aussagen gemacht.
Mitglieder von Selbsthilfegruppen können
Es wurden folgende Grundsätze der Selbsthilfegruppenarbeit definiert:
Bereits hier, insbesondere bei Betrachtung der Grundsätze 2 und 5 stellte sich die Frage: funktioniert das, ohne dass jemand in den Gruppenprozess eingreifen muss, man kann auch sagen, ohne dass jemand intervenieren muss? Damit wären wir, nach diesen grundsätzlichen Betrachtungen, beim eigentlichen Thema, der Intervention, angelangt.
Der Begriff Intervention wurde wie folgt erläutert:
Interventionen in der Gruppenarbeit sind demnach Impulse, die ein Moderator "in die Gruppe eingibt", um den Gruppenprozess zu steuern. Das würde für uns bedeuten: Es gibt per Definition
Eine/n, der das Gruppengeschehen steuert.
In insgesamt vier Kleingruppen sollten jetzt die TeilnehmerInnen folgenden Fragen nachgehen:
Eigentlich wäre es jetzt an dieser Stelle interessant gewesen, diese Kleingruppen ohne einen Gruppenleiter durchzuführen, da ja die Frage, brauchen wir einen solchen, erst erörtert werden sollte. Da aber die Seminarleitung aufgrund entsprechender negativer Erfahrungen bereits im Vorfeld Gruppenleiter für Kleingruppen ausgewählt hatte, war es jetzt, zumindest nicht in allen Gruppen, nicht mehr möglich, diese wieder „abzuschalten“.
Die Ergebnisse der Kleingruppen ergaben ein relativ einheitliches Bild. Die Frage: Brauchen / Wollen wir das? (Moderator), wurde von allen Kleingruppen einhellig mit Ja beantwortet. Als gemeinsamer Tenor für die Begründung kann herausgelesen werden, das nicht alle Gruppenmitglieder gleichermaßen darauf bedacht sind, auf die Grundsätze und Regeln einer Gruppe zu achten. Auch sollte ein Moderator einen Ausgleich zwischen dominanteren und ruhigeren Gruppenteilnehmer herbeiführen und darauf achten, dass Jeder angemessen zu Wort kommt. Der Moderator sollte darauf achten, dass nicht vom Thema abgewichen wird aber auch neue Impulse geben. Auch sind nicht alle Gruppenteilnehme immer auf dem gleichen Wissensstand. Als Moderator, Gruppenbegleiter oder Gruppenverantwortlicher (die Bezeichnung ist hierbei nebensächlich und es können auch zwei oder mehrere sein) sollte deshalb nur ein erfahrener Gruppenteilnehmer mit entsprechender Ausbildung fungieren, der auch für eine Wissensvermittlung und Wissenserweiterung sorgt. Dadurch wird der Moderator auch zur Ansprechs- und Vertrauensperson in der Gruppe. Allerdings ist Machtmissbrauch unbedingt zu vermeiden, es gilt nach wie vor für alle Gruppenteilnehmer der Grundsatz der Gleichberechtigung. In einer Gruppe ohne Führung bildet sich normalerweise früher oder später von selbst eine Führungspersönlichkeit heraus, diese ist dann meist einer der dominanteren Gruppenteilnehmer und entspricht eher nicht den hier angeführten Idealen.
Nach der Auswertung der Ergebnisse in den Kleingruppen ging es im Referat weiter mit der Fragestellung: Was erwarten Teilnehmer von einer Selbsthilfegruppe?
Um diesen Erwartungen gerecht zu werden, muss es gelingen, jedes einzelne Mitglied der Gruppe einzubeziehen, zu aktivieren und zu motivieren. Dies erfordert Regeln, Struktur und Steuerung.
Es gibt verschiedene Regeln und Methoden für die Gruppenarbeit. Regeln und Methoden dienen dazu, das Gespräch und die Abläufe in der Gruppe zu strukturieren. Sie erleichtern die Konzentration auf ein bestimmtes Thema und die persönlichen Anliegen. Die Anwendung der Methoden und Regeln ist unterschiedlich und hängt von dem jeweiligen Thema in der Gruppe ab.
Interventionstechniken sind äußerst vielfältig und es gibt viele Ansätze. Alle beinhalten eine Struktur aus folgenden Punkten:
Die 10 Gebote des guten Zuhörens sind:
Es schloss sich ein Ausblick auf die Methode der „motivierenden Gesprächsführung“ an. Diese Methode war bereits Thema des letztjährigen Mitarbeiterfachtages. Dennoch sollen hier nochmals die wichtigsten Aspekte dargestellt werden.
Strategie der motivierenden Gesprächsführung
Grundprinzipien motivierender Gesprächsführung
Zum Schluss wurde eine Kurzintervention vorgestellt:
Es schloss sich eine weitere Kleingruppenarbeit an. Hierbei sollten in einem Rollenspiel jeweils im Wechsel von je einem Gruppenmitglied zwei unterschiedliche Themen in die Gruppe eingebracht werden und die Gespräche, ebenfalls im Wechsel, von je einem Moderator geführt werden. Die übrigen Guppenmitglieder sollten per se nur Beobachter sein und sich nur im Bedarfsfall am Gespräch beteiligen. Die beiden einzubringenden Themen waren
Die Kleingruppen sollten dann selbst eine Auswertung vornehmen nach den Kriterien:
Interessanterweise gab es in einer der Kleingruppen einen Disput darüber, welche der beiden Methoden „motivierende Gesprächsführung“ oder „themenzentrierte Interaktion“ beim Thema „Suchtdruck“ die angebrachtere gewesen wäre. Es war dann erstaunlich, vom Gruppenmitglied, welches das Thema eingebracht hatte, zu hören, dass es sich von beiden Methoden gut angenommen gefühlt hatte.
Zum Abschluss des Seminars gab es dann noch nachfolgende Zusammenfassung:
Gruppen müssen am Ziel orientiert, inhaltlich und atmosphärisch gelingend und produktiv sein, um existieren zu können. Dazu bedarf es Regeln und Methoden.
Mehr als die anderen Teilnehmer hat der „Moderator“ daher die Aufgabe, den Verlauf mit ein bisschen innerem Abstand zu beobachten und bei Bedarf (aber nur dann!) steuernd einzugreifen.
Selbsthilfe braucht Moderation aber keinen Therapeuten!
Uwe Aisenpreis