Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe - 
Landesverband Baden e.V.

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Lebensbalance - Drahtseilakt zwischen Abhängigkeit und Selbstbestimmung

Frauenseminar vom 03.07. - 04.07. in Bad Herrenalb

Samstag, 03. Juli 2010 

Wie jedes Jahr „bewuselten“ schon kurz nach 08:00 Uhr erwartungsfrohe Damen die Räumlichkeiten des Tagungshotels. Umarmend, lachend und gutgelaunt begrüßten sich altbekannte und neue Damen zwischen Kaffee, Brezeln, Hefezopf und - in diesem Jahr brandneu - einladenden Körben mit frischem Obst. Die Zeit bis 10:00 Uhr „verflog im Nu“ und Karin Weidenauer und ihr Frauenteam luden zur offiziellen Begrüßung ein.

„Ich kann  es gar nicht fassen“ so Karin Weidenauer, „schon wieder ist ein ganzes Jahr vergangen!“ Über 60 Frauen beschäftigten sich 2009 mit dem großen Thema „Liebe, Glück, Zufriedenheit“. Dieses Jahr, so Frau Weidenauer, geht es um die Balance im Leben. Das Thema „Lebensbalance“ ergab sich unter anderem durch das bundesweit (mit 5 verschiedenen Selbsthilfeverbänden) durchgeführte Projekt „SOG – Suchtselbsthilfe optimieren durch Gesundheitsförderung“.

Der tägliche Umgang mit Ernährung, Bewegung und Rauchen als Teil einer zufriedenen Balance im Leben zu erreichen war das Ziel von SOG. In Seminaren setzten sich die Multiplikatoren intensiv mit den Themen auseinander und verbreiten das Wissen und die Erkenntnisse nun bundesweit in den Selbsthilfegruppen.

Unter anderem hatten Uta, Simone, Conny, Karin und Yvonne das Glück, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Auf diesem Weg stellte Frau Weidenauer Yvonne Roth als neue aktive Mitarbeiterin des Frauenteams vor und hieß sie herzlich willkommen. 

Fachliche Unterstützung erhalten wir durch die Referenten, erläuterte Frau Weidenauer. Erstmalig trauen sich „starke, selbstbewusste Frauen“ einen männlichen Referenten, Herrn Pfefferle, zum Thema "Bewegung im Frauenseminar" zu begrüßen. Am Sonntag beleuchtet Frau Blumenschein mit uns  Wissenswertes zum Thema "Ernährung und Genuss". Gesund essen und dennoch genießen können soll dabei die Devise sein! 

Am Wochenende beschäftigen wir uns mit Fragen zur Lebensbalance, so Frau Weidenauer und nehmen dabei unsere eigenen Verhaltensweisen genauer „unter die Lupe“. Darauf begründet sich die Chance zur Veränderung. Ohne „Brechstange“, Schritt für Schritt in ein zufriedeneres und gesünderes Leben mit Spaß zu finden, ist das individuelle Ziel. 

Jeder Mensch und jede „Menschin“ stellt sich die Lebensbalance anders vor. Früh eintrainierte Verhaltensmuster verursachen unter anderem die Suchtabhängigkeit und die Balance gerät in die „Schieflage“. Grundsätzlich stärken und fördern die Freundeskreise die Gesundheit mit der Gruppenarbeit. Die Entscheidung zur Abstinenz ist immer auch eine Entscheidung für die eigene Gesundheit.

Folgende Fragen werden uns in den Kleingruppen beschäftigen:

 Was bedeutet mir meine Lebensbalance?

  • Was brauche ich, um in Balance zu sein?
  • Gab es in meinem Leben schon Situationen, in denen meine Balance in „Schieflage“ geraten ist? 
  • Wie war in dieser Situation mein Gefühl (Bauchgefühl)?
  • War ich in der Lage zu handeln? 
  • Was habe ich gedacht? 
  • Was konnte ich tun?

In den Kleingruppen am Samstag und am Sonntag, bot sich die Gelegenheit der eigenen Wahrnehmung ein Forum zu gewähren, nachzuschauen, darüber nachzudenken und andere Sichtweisen kennen zu lernen.

Am Nachmittag vermittelte der Referent zur Bewegung, Herr Pfefferle, den Damen den Zusammenhang zwischen Bewegung und Balance. Sein Slogan -  „Es ist eine Freude, sich bewegen zu dürfen, Bewegung ist ein  Kennzeichen des Lebens“ vermittelte er durch die sehr praxisnahe Übung eines gemeinsamen Spaziergangs. Er gab den Frauen in Auftrag, während des Spaziergangs auf die Gegebenheiten zu achten – den Geruch der Luft zu riechen, das Spüren des Windes und der Sonne auf der Haut, die Bewegungen der Blätter, die Beschaffenheit des Bodens, die eigene Bewegung zu spüren und das Empfinden bei der Bewegung zu definieren.

Gut getan hat es allen Frauen und die Bewegung hat trotz der Hitze die Konzentration für die theoretischen Inhalte zurückgebracht. Herr Pfefferle riet die Bewegung als wesentlichen Bestandteil des Wohlbefindens zu betrachten. Gekoppelt mit einer ausgewogenen, genussvollen Ernährung und dem adäquaten Umgang mit Genussmitteln stärkt Bewegung das Wohlbefinden und ist letztendlich ein wesentlicher Bestandteil auf dem Weg zur Selbstbestimmung. Bewegung ist Leben, macht den Kopf frei und öffnet die Gedanken für neue/alternative Wege, so Herr Pfefferle!

Mit Bewegung hatte auch der zweite Teil des Nachmittags zu tun. Einhellig hatten die Frauen in Selbstbestimmtheit darum gebeten, das Tagesprogramm um einen weiteren Punkt zu ergänzen. Im Rahmen der Fußball WM fand an diesem Nachmittag das Fußballduell zwischen Deutschland und Argentinien statt. Diese Entscheidung vermittelte den Frauen ein ganz besonderes Erlebnis der Gemeinschaft und der Frauensolidarität. Es wurde gefiebert, geschimpft, gelacht und einfach mitgelebt, und wer weiß, warum Deutschland mit 4:0 gewann. Was selbstbestimmte Frauenpower doch alles „bewegen“ kann. Wenn Jogi Löw davon wüsste!!!

Der Samstagabend klang mit einer märchenhaften Erzählung (vorgelesen von Christina) und anschließendem Plaudern in kleinen Grüppchen aus.

Sonntag, 04. Juli 2010

Der Sonntag startete mit dem freiwilligen „Morgenschleich“. Ein paar der Frühaufsteherinnen nutzten den Morgen vor dem Frühstück mit Bewegung an der frischen Luft.

Besinnlich und nachdenklich stimmte die Bildschirm-Präsentation (von Yvonne für die Frauen zusammengestellt) mit sehr emotional berührenden Fotos, mit Texten und der dazu passenden Musik untermalt. 

Im Anschluss daran führte Frau Blumenschein ins Thema „Gesunde Ernährung“ ein. Die z.T. regional unterschiedlichen Lebensmittelpyramiden veranschaulichten den täglichen Bedarf eines Menschen von Fetten, Kohlehydraten und Eiweiß. Frau Blumenschein betonte das bei allen Pyramiden gleiche Prinzip: Zwei Viertel Gemüse und Obst, und je ein Viertel Kohlehydrate und Eiweiß stellen die für den Menschen gesündeste Form der Ernährung dar. Ganz praktisch erfuhren die Damen in welchen Lebensmitteln versteckte Fette oder Mengen von Zucker zu finden bzw. versteckt sind.  

Frau Blumenschein stellte sich den vielfältigen Fragen der Frauen und nahm sich sehr viel Zeit für zufriedenstellende Antworten. So konnten auch ganz individuelle Fragen in Sachen Ernährung geklärt werden. Das Fazit bei der Ernährung ist ähnlich der Bewegung: Sie soll Spaß machen, dem Genuss dienen. In Maßen genossen sind auch gegen die Süßigkeiten nichts einzuwenden und sind Teil der zufriedenen Balance.

Nach dem Mittagessen trafen sich die Frauen ein letztes Mal in ihren Kleingruppen. Ganz nach dem Motto: viele kleine, individuelle Schritte ermöglichen das Erreichen einer zufriedenen Balance! Nicht der Verzicht ist der Fokus - auf die Dosis kommt es an! Eine gute Grundlage für stabile Abstinenz ist das Erkennen und das Umsetzen der eigenen Bedürfnisse. Ein lebenslanger Drahtseilakt, deren Umsetzung lohnenswert erscheint und Lebensqualität verschafft. Gesundheit macht Spaß, schafft gute Laune und steigert das Wohlbefinden, war die Erkenntnis in den  Kleingruppen! 

Zurück im Plenum hatten die Frauen die Gelegenheit, mit einer Balancierstange und unterschiedlichen Gewichten zu balancieren und den „Drahtseilakt“ selbst zu erspüren. Mit der traditionellen Sonnenblume (gelesen von Ursel Morlock) und einer langstieligen roten Rose im Gepäck verabschiedeten sich die Frauen voneinander. Wohl wissend, die „Saatkörner“ des Seminars 2010 hinaustragen zu können und erhaltene Impulse in kleinen Schritten und im individuellen Tempo umsetzen zu können, fuhren die Frauen, begleitet mit dem Song „…für mich soll´s rote Rosen regnen…“ nach Hause.

Cornelia Breithaupt