Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe - 
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Hat Glück derzeit Konjunktur?

Fragen zu dem Thema an den Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle des Diakonischen Werkes Karlsruhe, Herrn Dipl. Psychologen Klaus Huber wurden gestellt von Uwe Aisenpreis.

fk-a: Herr Huber, das Gruppenleiterseminar des Freundeskreises Karlsruhe hatte im Jahr 2008 zum Thema „Kann man Glück lernen?“ Im Jahr darauf wurde das Thema fortgesetzt, jetzt mit der Absicht, die zuvor erarbeitete Thematik praxisorientiert in die heimischen Gruppengespräche einzubringen. Im gleichen Jahr hatte sich auch der Frauentag des Landesverbandes der Freundeskreise das Thema “Glück“ auf die Fahnen geschrieben. Und ebenfalls seit ca. 2008 reist der bekannte Kabarettist und studierte Arzt Eckart von Hirschhausen durch die Lande und von Talkshow zu Talkshow um sein aktuelles Programm aber vor allem sein Buch „Glück kommt selten allein“ anzupreisen. Ist das Thema „Glück“ derzeit in Mode?

Huber: Das Thema Glück ist eigentlich immer in „Mode“. Die Glückssuche gehört zur bio-psychologischen Grundausstattung des Menschen und ist Motivationsgrundlage für viele menschliche Verhaltensweisen.

fk-a: Worauf führen Sie die augenblickliche Erscheinung zurück? Hat es mehr mit aktuellen Zeitbezügen zu tun, wie vielleicht der Angst vor dem sozialen Abstieg oder vielleicht mehr mit längerfristigen Erscheinungen wie z. B. dem Verlust allgemeingültiger Werte, insbesondere der religiösen Überzeugungen?

Huber: Wie zuvor gesagt ist Glückssuche kein Modethema. Allerdings gibt es eine mediale Konjunktur zum Thema Glück und das mag durchaus mit der zunehmenden Komplexität unserer Lebensverhältnisse sowie dem zunehmenden Konkurrenzdruck in allen Lebensbereichen zu tun haben.

fk-a: „Glück“ wurde also schon immer, mal mehr, mal weniger, zum Thema gemacht, vor allem in der Kunst?

Huber: Ja, wobei Glück einen starken subjektiven Bewertungs- und Erlebensspielraum hat und sich somit die Kunst als herausragendes Medium anbietet, Glückserfahrung zu kommunizieren.

fk-a:  Nach diesen eher philosophischen Betrachtungen zurück zum aktuellen Bezug. In dem bereits genannten ersten Seminar 2008 wurde das Thema “Glück“ von allen möglichen Seiten beleuchtet und offenbar so vielschichtig, dass sich einige Teilnehmer davon geradezu erschlagen fühlten. Naturgemäß war auch viel Theorie im Spiel, daher auch der Wunsch nach praktischer Umsetzbarkeit. Sie konnten das erste Seminar krankheitsbedingt nicht referieren und mussten beim zweiten Seminar ein fremdes Konzept fortführen. Was war dabei Ihr Ansatz?

Huber: Meiner Profession folgend habe ich mich vorwiegend mit der psychologischen Dimension des Glücks befasst, dabei ausgehend von der Antike bis zur modernen Glücksforschung.

fk-a: Wie wurde das Einbringen des Themas in die Gruppenarbeit referiert bzw.  eingeübt?

Huber: Wahrnehmungsübungen  sind immer ein guter Einstieg in das Thema, weil sie sowohl die Subjektivität wie die Lernbarkeit des Glückserlebens deutlich machen.

fk-a: Immer wieder ist irgendwo sinngemäß zu lesen, Glück sei nicht das oftmals so erwartete große Glück sondern die Summe möglichst vieler „kleiner“ Glücksmomente.

Huber: Diese Frage führt zu der Unterscheidung von "Glück haben" und "glücklich sein". Beim großen Glück geht es meist um den Haben Modus, während das Sein die Kontinuität vieler kleiner Glücksmomente im Leben beinhaltet. Man kann es natürlich ebenso wenig festhalten und konservieren wie andere starke Emotionen.

fk-a: In den Berichten zu den genannten Seminaren habe ich einiges über das Wahrnehmen von Glücksmomenten gelesen. Wie viel hat Glück mit dem Wahrnehmen von Empfindungen zu tun?

Huber: Glückserleben ist immer Wahrnehmung mit allen Sinnen und Verarbeitung des Wahrgenommenen. Also das enge Zusammenwirken physiologischer und psychologischer Systeme.

fk-a: Kann man diese Glücksmomente mit den kleinen Schritten vergleichen, die wir für die Anfangszeit der Abstinenz propagieren? 

Huber: Ja durchaus, Glück ist lernbar, weil es im Menschen als konstituierende Erlebnisform angelegt ist. Aber wie alles lernen braucht es Kreativität und Fleiß.

fk-a: Über die Frage „Was ist Glück“ sind die Meinungen der Seminarteilnehmer sehr auseinander gegangen. Kann ich mein Glücksempfinden beispielsweise durch Änderung von Einstellungen verbessern?

Huber: Die Art und Weise, wie ich Erlebtes bewerte, ist mitentscheidend dafür, ob ich Glücksempfinden zulassen kann. Glückserleben hängt immer von meinen Wahrnehmungsfähigkeiten sowie der inneren Bewertung dieses Wahrgenommenen ab.

fk-a: Was hat Glück mit Selbstvertrauen zu tun und wie stärke ich mein Selbstvertrauen – oder ist das schon wieder ein anderes Thema?

Huber: Glücksfähigkeit und Angst verhalten sich oft antagonistisch zueinander. Ein ängstlicher Mensch wird seine Wahrnehmung eher auf angsterregende Reize richten um sich  vorbeugend zu schützen, so dass wenig Energie zur aktiven Glückssuche übrig bleibt.

fk-a: Kommentieren Sie bitte einen für den Kabarettisten Hirschhausen typischen Ausspruch: „Liebe dich selbst, dann können andere dich gerne haben“.

Huber: Dies ist ein typisch ironischer Satz, nimmt man ihn wörtlich stimmt er, nimmt man ihn sprichwörtlich, stimmt er auch.