Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe - 
Landesverband Baden e.V.

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Delegiertenversammlung des Bundesverbandes

6.-8. Mai 2016, Rendsburg

Anmerkungen und Bericht von Lutz Stahl

Vorwort

Der Landesverband Baden konnte aufgrund einer geringer gewordenen Zahl an gemeldeten Mitgliedern lediglich zwei Delegierte stellen. Gerd Melcher, der in Vertretung von Heiko Küffen als Delegierter eingesetzt worden war, hatte sein Engagement zurückgezogen, so dass Ludwig Engels dieses Amt übernahm. In meiner Eigenschaft als kommissarisch eingesetzter Stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes nahm ich als Gastdelegierter an der Versammlung teil.

Persönliche Anmerkungen

Es ist viele Jahre her, dass ich das letzte Mal bei einer Bundesdelegiertenversammlung dabei war. Ich erinnerte mich jedoch noch gut an die Atmosphäre: Man traf sich! War man nur Gast, konnte man frei Freundschaft pflegen.War man Delegierter, saß man halt im Saal und pflegte dort Freundschaft. Richtig wichtig schien mir das Ganze nicht zu sein. Wenn etwas wichtig gewesen sein sollte, wurde es „von denen da oben geregelt“. Mit anderen Worten: Auf der Sachebene wurde das bearbeitet, was unbedingt sein musste. Auf der Gefühlsebene stand das wohlfühlende Erleben der Freundeskreis-Gemeinschaft im Vordergrund. Dementsprechend war meine Einstellung, wenn es um Belange des Verbandes auf Bundesebene ging. Zudem wurden wir ja auch noch über Jahre hinweg von Brigitte Sander-Unland sehr gut vertreten.

Diese Delegiertenversammlung bewegte sich zunächst erwartungsgemäß im oben beschriebenen Rahmen – zumindest, was eine große Anzahl der Delegierten betraf. Als ich mich aber mit dem Fragekatalog für die Kleingruppenarbeit befasste, die einleitenden Sätze laß und im Versammlungsverlauf dezent und diplomatisch gesetzte Akzente zur Kenntnis nahm, wusste ich, dass sich zumindest eine Zielsetzung geändert hatte: Der aktuelle Bundesvorstand will es nicht beim Gemeinschaftserleben belassen, sondern positive Veränderungen in der Wirksamkeit des Bundesverbandes sowohl nach innen als auch nach außen erreichen.

Aufgrund verschiedener Besuche in den einzelnen Landesverbänden besteht offenbar beim Bundesvorstand die Wahrnehmung, dass es insbesondere an der Unkenntnis über die Arbeit des Bundesverbandes liegt, die bei den Mitgliedern besteht, dass diese an der Basis so wenig Resonanz findet. Dies ergab sich aus der Einleitung und der Fragestellung zur Gruppenarbeit sowie auch an der verhalten geäußerten Kritik bzgl. Rückmeldungen, Statistikdaten usw.

Aus badischer Sicht ist dies nur zu einem geringeren Teil richtig. Bei uns herrscht zwar ein wenig engagierter Informationsfluss vom Bundesverband über den Landesverband an die Gruppen vor, aber – was würde sich im badischen Raum ändern, wenn die Arbeit des Bundesverbands den Gruppenmitgliedern an Gruppenabenden präsentiert würde? Oder wenn es wieder, wie früher, an den Hauptversammlungen das Thema „Arbeit aus dem Bundesverband“ gäbe? – Nichts ! - Warum Nichts?

  • Weil sich die Themen, die hier vorzustellen wären, bei uns meistens seit langem im Meinungsbildungsprozess befinden oder bereits ein mehr oder minder breiter Konsens besteht.
  • Weil die Fortbildungsveranstaltungen bei uns so breit gefächert und zudem gut organisiert sind, dass wir uns eher über ein Überangebot Gedanken machen müssen, als Interesse an Bundesveranstaltungen mit weit weniger aktuellen oder vergleichbaren Themen zu wecken.
  • Weil Themen, die uns interessieren würden, andern Orts nicht einmal zur Debatte stehen.
  • Weil Themen, die wir im Aufgabenbereich des Bundesvorstandes sehen, nicht angegangen werden (können/sollen !?).

Was also bringt uns der Bundesverband??

Vor dieser Delegiertenversammlung habe ich für einen mittelfristigen Ausstieg plädiert. Der Hauptgrund hierfür besteht darin, dass der Bundesverband den Löwenanteil unserer Mitgliedsbeiträge kassiert, der Landesverband jedoch den Hauptanteil der bei uns wirksamen Arbeit macht. Nach dem Delegiertentag besteht jedoch bei mir die Hoffnung, dass es der aktuelle Bundesvorstand schaffen könnte, den Bundesverband zu dem Instrument zu machen, das die Freundeskreisbewegung insgesamt weiter bringt. Andreas Bosch und seine Mitstreiter haben die Versammlung auch bei Konflikten souverän und diplomatisch geleitet und sind bemüht, ihren Kenntnisstand hinsichtlich der Bedürfnisse der Basis auf einen angemessenen Stand zu bringen.

Es liegt nun meiner Meinung nach an den Landesverbänden, aktiv mitzuwirken und die Freundeskreisbewegung in die richtige Richtung zu manövrieren. Hier muss auch unsere Selbstkritik ansetzen. Andreas Bosch hat Recht, wenn er sagt: „Wenn wir von außen gefragt werden und nicht antworten, werden wir irgendwann nicht mehr gefragt“. Unter diesem Aspekt war z.B. unsere Haltung in der Frage der Canabisfreigabe oder im Kontext der Aufweichung des Abstinenzwillens nicht hilfreich. Wie soll denn der Vorstand unter diesen Umständen die von uns geforderte Lobbyarbeit betreiben?

Ich bin zwar der Ansicht, dass derzeit der Bundesverband den Hebel an der falschen Stelle ansetzt, aber das lässt sich ja durch konstruktive Einflussnahme ändern. Bei diesem Delegiertentag gab es keinen TOP „Antragsbearbeitung“. Kein Landesverband hat einen Antrag gestellt!! Es bestand somit kein Bedürfnis, von unten nach oben einzuwirken. Alles gut, oder ??

Bericht

Tagesordnung

Der Vorsitzende Andreas Bosch schlug vor, unter TOP 15 – Verschiedenes – eine Kleingruppenarbeit über die „Qualität der Zusammenarbeit zwischen den Landesverbänden und dem Bundesverband“ anzusetzen. Der Vorschlag wurde angenommen.

Jahresbericht des Vorstandes

Die schriftliche Fassung des Jahresberichts konnte erst vor Ort zur Verfügung gestellt werden. Die Broschüre umfasst 48 Seiten und stellt die Schwerpunkte der Arbeit des Bundesverbandes vor. Der Bundesverband erhielt 2015 50.000 € von den angeschlossenen Krankenkassen. Die weiteren Arbeiten und Schwerpunkte wurden in den Tagesordnungspunkten Arbeitskreise, Öffenlichkeitsarbeit und Schulungen weitergehend ausgeführt.

Rechnungsprüfung

Die Buchführung und die satzungsgenmäße Arbeit des Bundesverbands wurde durch die Treuhandstelle des Diakonischen Werks in Kassel geprüft und hat zu keinen Beanstandungen geführt.

Entlastung des Vorstandes

Der Antrag auf Entlastung des Bundesvorstandes wurde einstimmig angenommen.

Finanzplan 2016

Der Vorsitzende wies auf kontinuierlich sinkende Mitgliederzahlen hin und stellte heraus, dass Wachstum nicht nur in finanzieller Hinsicht wichtig wäre. Diese Einschätzung griff auch im vorgestellten Finanzplan für 2016 ein, da die zugrundegelegte Mitgliederzahl offenbar nach unten korrigiert werden musste. Man ging von einer Mitgliederstärke von ca. 6.800 aus. In diesem Plan wurde auch eine zweckgebundene Rückstellung von 30.000 € aus dem Überschuss (!!) von 2015 für den Bundeskongress 2018 angesetzt. Da die Durchführung des Bundeskongresses mit den angesetzten Kosten erst unter TOP 12 diskutiert werden sollte, stellten wir durch Ludwig Engels den Antrag, die Abstimmung über den Haushalt erst nach dieser Diskussion durchzuführen. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

Wie mir Torsten Wilkens mitteilte, stellte die Diskussion eine Wiederholung der vehementen letztjährigen Aussprache dar, in der die Mehrheit der Delegierten „ihren“ Kongress unter allen Umständen erhalten wollte und dementsprechend mit der Minderheit der Gegenströmung verbal umging.

Die Vorstellung der Mindestkosten von 330 € pro Teilnehmer beim kostengünstigsten Kongressort und die Unsicherheit der Bezuschussung in zwei Jahren, brachte die Mehrheit zu der Meinung, dass dieser Preis nicht mehr vermittelbar sei. Ein erhobenes Stimmungsbild im Saal erbrachte, dass ca. 2/3 derAnwesenden den Kongress für nicht mehr durchführbar hielten. In der späteren Kleingruppenarbeit wurde nun zusätzlich nach Alternativen gesucht und das, obwohl der Bundesverband durch den letzten Kongress schwere Schlagseite erlitt. Der Haushaltsplan wurde nach dieser Diskussion unter Absetzung des Kongresses einstimmig angenommen.

Aufgaben, Arbeitskreise und Projekte

In der Sitzung wurden verschiedene Projekte und Schulungen sowie deren Umsetzung vorgestellt. Es folgen auszugsweise die wichtigsten Informationen hierzu.

Herauswachsen aus der Sucht – frei sein! (AK Öffentlichkeitsarbeit): Eine Ausstellung mit 22 Porträts von Freundeskreislern aus verschiedenen Regionen, die in einer kurzen Aussage ihre zufriedene Abstinenz auch im Zusammenhang mit der Freundeskreisselbsthilfe darstellen. Für eine Ausstellung können diese Plakate angefordert werden. Der zweite Teil des Projekts befasste sich mit der Schulung von 17 Freunden/Freundinnen in Bad Emstal, die in der Öffentlichkeitsarbeit in örtlichen Freundeskreisen, Landesverbänden und Bundesverband tätig sind.

Freundeskreisjournal: Planmäßig zwei Ausgaben pro Jahr mit einer Auflage von 8.200

Onlineberatung im Chatroom (AK Medien): Ab dem 20.05.2016 steht ein Chatroom zur Verfügung. Sinn dieser Einrichtung soll es sein, Menschen, die im Internet nach Hilfe suchen und Probleme anonym angehen wollen, zunächst Ansprechpartner zu bieten und in geeignete Gruppen überzuleiten. Hierfür werden noch Betreuer gesucht. Der Landesverband Baden ist mit Heiko Küffen im Gremium vertreten und stellt für das Projekt den Server zur Verfügung.

Wochenendseminare (AK Ausund Fortbildung) als Qualifizierungsmaßnahme in Hannover und Bad Herrenalb zum Thema „Umgang mit schwierigen Themen in der Suchtselbsthilfe“. Beim zweiten Seminar waren auch Teilnehmer aus Baden dabei.

Zusammenstellung eines neuen Arbeitskreises „Sucht und Familie“: Zwei konstituierende Sitzungen, Planung eines Workshops mit dem Titel „ich bin, wie ich bin“ in diesem Jahr. Der Landesverband Baden war durch Uta Münchgesang vertreten. Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedsverbänden ist aufgrund der Themenauswahl für uns Badener interessant. Beispielsweise beschäftigt sich der GVS (Gesamtverband für Suchthilfe e.V.) mit der Erstellung eines Leitfadens zum sicheren Umgang mit Daten im Internet. Ein Thema, das in Zusammenhang mit unseren Aktivitäten um Chatroom und Homepages von Interesse ist. Das Projekt BEPAS beschäftigt sich mit den Belastungen und Perspektiven Angehöriger Suchtkranker. Hier sollen durch persönliche Interviews (endlich) repräsentative Erhebungen zur gesundheitlichen Belastung und den Erwartungen an die Hilfssysteme und die Selbsthilfe fürAngehörige erfasst werden. Weiterhin hielt die DHS (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.) ein wissenschaftliches Symposium zum Thema „Sucht – Prävention und Public Health“ ab. Die Vertretung des Bundesverbands äußerte sich hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Projekten zu diesemThema kritisch.

Der ausführliche Jahresbericht 2015 unter dem Motto „Freundeskreise im Wandel“ und das Protokoll der Delegiertenversammlung liegen in der Geschäftsstelle des Landesverbands Baden vor und können dort eingesehen werden.