Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe - 
Landesverband Baden e.V.

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Gegen die Sucht, aber für das Leben kämpfen!

Bericht aus dem Norden des „Ländle“ vom Freundeskreis Nova Vita, Mannheim

Was machen wir sonst noch?

Seit langem haben wir uns Gedanken gemacht, andere, auch neue Wege auszuprobieren, die unseren Gruppenmitgliedern helfen könnten, ihren Alltag besser bestreiten zu können. Wir suchten nach Strategien, die helfen könnten, den Kampf gegen die Sucht erfolgreicher zu machen und das „Trockenbleiben“ zu erleichtern. Es sollte etwas sein, was wir außerhalb der Zeit der notwendigen Gruppenabende noch anbieten könnten - Aktivitäten,  die neue Motivationen anregen.

Wer von einer Sucht erfasst wird, leidet unter den körperlichen und seelischen Auswirkungen, die je nach Sucht unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Die gesellschafltiche Tabuisierung führt zu einer zunehmenden Isolation des Betroffenen, wodurch das Suchtverhalten verstärkt wird. Der Suchtkranke befindet sich in einem Teufelskreislauf, an dessen Ende oft der physische und psychische Ruin steht.

Unser Anliegen ist es: Menschen, die bereit sind, sich aus ihrer Abhängigkeit zu befreien, Wege aus dem Teufelskreis aufzeigen und sie auf ihrem Weg in die zufriedene Abstinenz zu begleiten. Das Ziel ist eine bessere Gesundheit, Selbstsicherheit, und verlorenes Selbstwertgefühl wieder zu erlangen , um somit ein erfüllteres Leben führen zu können.

Wo dem Suchtmittel bzw. dem Süchtigen zuvor ein Großteil Kraft, Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet wurde, entsteht zunächst Leere. Nur wenn es gelingt,diese mit Sinn, Wert und Freude zu füllen, ist der Aufbruch in ein neues und zufriedeneres Leben möglich und von Dauer. Aus diesem Grund gehören auch die unterschiedlichsten Freizeitaktivitäten und kulturelle Veranstaltungen zum Angebot des Freundeskreises Nova Vita.

Im Frühjahr haben wir eine Nordic-Walking-Gruppe gegründet. In Zusammenarbeit mit dem Trainer David Grote von nordic-rhein-neckar erlernten wir die Grundlagen des Nordic Walkens. NordicWalking verbessert nicht nur die bei vielen Suchtkranken verlorengegangene körperliche Belastbarkeit und die Alltagsmotorik, sondern unterstützt auch die Neuentwicklung des Körperbewusstseins. Der komplexe Bewegungsablauf fördert die Wahrnehmungs-, Konzentrations-und Koordinationsfähigkeit. Wir lernten z.T. unseren Körper neu kennen und zu reaktivierten Fähigkeiten, die lange Zeit vernachlässigt wurden. Es machte den Teilnehmern viel Freude und seither ist der Samstags-Treff im Wald fest einplant.Unser Trainer David ist uns treu geblieben und korrigiert mit fachkundiger Geduld unser Laufverhalten. Im Übrigen bezuschussen die Krankenkassen die Einsteigerkurse mit ca.80 % und machen somit diese Aktivität auch für jeden erschwinglich. 

Eine andere und wie ich finde weitaus mutigere Idee konnten wir im August in die Tat umsetzen. Wir ließen uns auf ein Hochseilgarten-Projekt ein. Unter therapeutischer Anleitung begaben sich die Teilnehmer angegurtet z .B. in eine Kletterwand und lernten Herausforderungen zu bestehen, Perspektiven zu verändern, Erfolgserlebnisse zu genießen und Grenzen zu überwinden. Sie sollten ausprobieren, wie lebenswichtig die gegenseitige Unterstützung, das gegenseitige Vertrauen und offene Augen und Ohren für die Mitmenschen im Höhenparcours aber auch im sonstigen Leben sind.

Natürlich musste zunächst erst im „Kleinen „ also in ca. 30 cm Höhe geübt werden und jeder durfte für sich frei entscheiden, wann seine Grenzen erreicht waren. Bei 0,5 m, bei 5 m oder 10 m.

In 10 m Höhe (immer gut gesichert) liefen einige von uns auf einen Seil von einer Plattform zu anderen. Wir sprangen von 12 m Höhe in die Tiefe und freuten uns über jede geschaffte Aufgabe. Am Abend waren wir alle sehr stolz aber auch geschafft.

Sportlichen Fähigkeiten muss man nicht vorweisen, ab einem Alter von 14 Jahren kann jeder teilnehmen. Der ganztägige Kurs wurde von kompetenten Fachkräften wie Sportpädagogen und Diplom Sozial Pädagogen mit langjährigen Erfahrungen in der Suchtproblematik begleitet.

Ich kann Euch nur sagen, es war ausnahmslos für alle Teilnehmer eine enorme Herausforderung und so manch einer ging bis an seine Grenzen und darüber hinaus. Das Motto der Veranstalter wurde an diesem Tag zu unserem Motto!

A...wie Abenteuer: sich mit Grenzsituationen auseinander setzen,
     über Vertrautes hinaus einen Schritt ins Unbekannte wagen, 
     alternative Lösungen und Kompetenzen erproben 
U…wie unternehmungslustig: Neugier, Wagnis, Mut, verbunden mit Humor
     und Spaß eröffnet im Alltag und Beruf neue Möglichkeiten…. 
F…wie Fairness: Vorraussetzung für gemeinsames Erleben,
     Akzeptanz und Achten der eigenen Fähigkeiten und Grenzen ebenso wie der des Anderen,
     sich als kooperatives und (selbst)verantwortliches Mitglied der Gruppe erleben. 
SCHWUNG...voll Alltag und Beruf leben, sich immer neu motiviern und bewegen lassen.

Dies alles, wenn wir es für unser alltägliches Leben umsetzen, wird uns helfen, unseren Weg der Abstinenz weiter zu gehen. Gelernt haben wir, verantwotungsvoll mit uns und mit anderen umzugehen, Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren. Neben dem Dialog mit dem eigenen Körper steht das Erlebnis in der Gruppe. Der Ausstausch mit Gleichgesinnten ist ein Weg aus der Kontaktlosigkeit und ermöglicht den Aufbau sozialer Beziehungen. Solche Aktivitäten sollten aber immer parallel zum regelmäßigen Gruppenbesuch im Freundeskreis stattfinden.

Alle Teilnehmer sprachen den Wunsch aus , so etwas irgendwann noch einmal zu wagen.

Wolfgang Weidenauer