Vorstellung der Selbsthilfe und der Freundeskreisarbeit z.B. in Kliniken

Projektbericht zum Workshop

Zum ersten Workshop dieser Art des Landesverbandes der Freundeskreise hatten sich Vertreter der drei größeren Freundeskreis-Vereine, Freundeskreis Karlsruhe, Freundeskreis „Die Lotsen“ Mannheim und „Nova Vita“ Mannheim sowie zwei Vertreter des Blauen Kreuzes Stadtmission Heidelberg in den Räumlichkeiten der Beratungsstelle der Diakonischen Suchthilfe Mittelbaden eingefunden. Bei der Vorstellungsrunde zeigte sich, dass bis auf einen Teilnehmer bereits alle bei der Vorstellung der Freundeskreisarbeit aktiv waren.

Wir stiegen nun in das Thema ein, in dem wir paarweise in sog. Murmelgruppen über Negativerlebnisse bei Vorstellungsgesprächen berichteten. Diese Berichte wurden danach vom jeweiligen Zuhörer der Gesamtgruppe nacherzählt und besprochen. Anschließend wurden mit der selben Methode die positiven Erfahrungen dargelegt und erörtert. Im Allgemeinen wussten alle mit der Aufgabe betrauten Teilnehmer über herausfordernde Erlebnisse mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zu berichten. Die Erwartungshaltung zu den Positiverlebnissen fiel dagegen umfänglich geringer aus; sie erstreckten sich von positiven Rückmeldungen der Klientel nach dem Vorstellungstermin bis zum Wiedertreffen bei Beratungs- oder Selbsthilfeeinrichtungen.

Als nächste Übung wurden die Teilnehmer in Kleingruppen nach ihrer eigenen Motivation zu der Aufgabe „Vorstellung der Selbsthilfe“ befragt. Die erarbeiteten Stichworte wurden auf Karten an einem Pin-Board sortiert und reichten von „Dankbarkeit, etwas zurückgeben zu wollen“ über „Aufklärung und Wissensvermittlung“ bis hin zu „neue Leute kennenlernen“.

Die drei Übungen und die daraus resultierenden Diskussionen waren gut geeignet, erst einmal festzustellen, dass in der gemischten Gruppe Konsens hinsichtlich der Motivation und der Zweckbestimmung der Aufgabe herrschte. Dies war offensichtlich der Fall, auch wenn die internen Regelungen der Organisationen variierten.

Nach der Mittagspause wurden mit Unterstützung von Powerpoint-Darstellungen die folgenden Themen vorgestellt:

  • Modell – Besucher / Kläger / Kunde
  • Kommunikationssperren
  • Umgang mit Widerstand
  • Drei Schritte Modell / Informieren und Rat anbieten
  • Fünf Aussagen für einen Selbst-Check

Die Unterscheidung zwischen Besucher, Kläger und Kunde war für alle Teilnehmer eine neue, sehr eingängige Betrachtungsweise und erklärte die schwierige Beziehung zwischen dem Klientel und den Selbsthilfeangehörigen bei der Arbeit in den Entzugsabteilungen. Dementsprechend großen Raum nahmen die zugehörigen Diskussionen um eine angepasste Vorgehensweise ein. Die Teilnehmer überdachten insbesondere ihren Ausgangspunkt und die taktischen Möglichkeiten der Gesprächsführung. Dass dieses Modell bislang in den Ausbildungsgängen zum Gruppenleiter bzw. Suchthelfer wenig Eingang fand, verwunderte doch sehr.

Die Kommunikationssperren, gemeint sind hierbei Aussagen und Verhaltensweisen des Selbsthilfeangehörigen, die das Gegenüber veranlassen, sich gegen eine weitere Kommunikation zu sperren, wurden ebenfalls eingehend mit Beispielen besprochen.

Beim Umgang mit Widerstand wurden die Ursachen (z.B. Angst vor Autonomieverlust oder einer empfundenen Selbstwertbedrohung) mit entsprechendem Abwehrverhalten wie Bagatellisierung, Oppositionshaltung, Schuldzuweisung usw. thematisiert und mit beispielhaften Rede- und einlenkender Gegenredeanwendung aufgezeigt.

Mit dem Drei-Schritte-Modell

  • Nachfragen, welche Information wird gewünscht?
  • Anbieten von Informationen und Rat (Prioritäten setzen / Autonomie bestärken / klar sein / keine Vorschriften zum Verhalten)
  • Nachfragen (Bitte um Reflexion / Reaktion usw.)

wurde ansatzweise ein Konzept zum Einstieg in eine erfolgversprechende(re) Kommunikation mit den Menschen in sehr schwieriger Situation in Suchtkliniken angeboten.

Der Selbstcheck soll letztlich anhand von fünf Fragen eine Überprüfung der Eigenmotivation ermöglichen.

Die beiden letztgenannten Themenbereiche konnten nur noch unter Zeitdruck erörtert werden. Geplante Rollenspiele und Übungen mussten aus demselben Grund entfallen. Im Nachgang betrachtet war eine eintägige Fortbildungsveranstaltung für die komplexe Themenstellung doch recht kurz.

Obwohl es sich bei den Teilnehmern um erfahrene Selbsthilfeleute handelte, war es unumgänglich, die sich neu ergebenden Sichtweisen mit den bisherigen Erfahrungen abzugleichen und zu diskutieren. Dies steigerte zwar den informellen Wert des Workshops, erbrachte aber einen vorher nicht absehbaren Zeit- und auch Kraftverbrauch. Die erfolgreiche Vermittlung und Verarbeitung neuer Sichtweisen in einem schwierigen Metier wurde in der Abschlussrunde vollumfänglich als positiv gewertet.

Eine Fortsetzung des Workshops, um die Theorie in praktischen angepassten Konzepten umzusetzen, wäre anzustreben.

Lutz Stahl (Seminarleitung)