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Wie die Kommunikation in einer Familie gestaltet ist, beeinflusst das Beziehungsgefüge enorm. Ist es nicht möglich die eigenen Gefühle wie Liebe, Nähe aber auch Wut und Ärger zu äußern, so vergiftet das die Seele und wirkt sich negativ auf jede Beziehung aus. Da Kommunikation allerdings keine Angelegenheit ist, die man mit sich selbst ausmachen kann, richtete sich das Angehörigenseminar des Jahres 2018 zum ersten Mal an alle, seien es nun Eltern, Geschwister oder Enkelkinder, sowie Paare als auch Einzelpersonen, Mitglieder der Freundeskreise oder auch nicht. So war es erfreulich, dass außer Einzelpersonen und Paaren auch Eltern mit ihren Kindern, wenngleich diese bereits erwachsen waren, den Weg nach Bad Herrenalb in das Haus der Kirche gefunden haben.
Am Freitagabend lernten wir uns alle erstmal kennen. Es wurde gebastelt, geklebt und gemalt um eine Visitenkarte zu erstellen, die uns und unsere Beziehung repräsentiert. Schon ging es los mit dem intensiven Nachdenken und die ersten Erkenntnisse beim Betrachten der Bilder konnten auch schon gewonnen werden. Zum Schluss überraschte uns unsere Schauspielerin Claudia mit einer wunderschönen Gute Nacht Geschichte, erhellt von ganz vielen Windlichtern.
Durch das Wochenende wurden wir von der Referentin Andrea Marshall-Schneider geführt, eine Familientherapeutin vom Odenwaldinstitut mit dem Schwerpunkt Konflikte und Kommunikation. Ganz kurz zusammengefasst schlossen wir diese beiden Tage Verträge ab und lernten jegliche Art von Gefühlen die in uns schlummern zu akzeptieren. Und das mit ganz viel Aktion und gänzlich ohne Power Point Präsentation.
Es war durchaus überraschend, dass wir bei dem Seminar über Kommunikation hauptsächlich über Gefühle gesprochen haben. Aber Kommunikation wird erschwert, wenn wir uns unserer Gefühle nicht bewusst sind.
Aber jetzt mal der Reihe nach. Wir haben Verträge abgeschlossen um einen geschützten Raum zu bauen. Niemand sollte hier das Gefühl haben verletzt zu werden und niemand sollte hier verletzt werden. Aber jedem war es gestattet jegliches Gefühl, solange es nicht in destruktiver Gewalt endete, Ausdruck zu verleihen. Das war notwendig, denn kann der Mensch verletzlicher sein, als in dem Moment, wenn er seine innersten Gefühle offenbart? Und dies geschah hier. Wut, Schmerz und Angst, sonst ein Tabu in dieser Welt, sind genauso natürlich und gehören zu uns wie Liebe oder Freude. Werden diese unterdrückt, so führt dies häufig zu Aggression oder Depression. Es erleichterte dies zu hören. Manchmal braucht es nämlich jemanden, der einem sagt, dass die Gefühle die man hat, in Ordnung sind. Ein Gewitter klärt die Luft, ein Wutausbruch bringt uns in Aktion und führt Veränderung herbei. Angst ist ein Instinkt der uns überleben lässt und Schmerz ein Begleiter, der uns alle verbindet.
Auf den nachdenklichen Input folgte eine sehr unterhaltsame Übung, der Stinkekorb. In den warfen wir alles rein, das uns stinkt, das uns tagein und tagaus ärgert und wir mit uns rumschleppen. Dabei waren wir so laut wie nur irgend möglich. Am Ende warfen wir gemeinsam den Stinkekorb aus dem Fenster. Nicht wenige wollen dies in Zukunft auch zu Hause praktizieren.
Aber was wäre Kommunikation, wenn wir nur unsere Gefühle offenbaren, dem Gegenüber aber nicht die gleiche Möglichkeit zukommen ließen. So lernten wir das aktive Zuhören. Das hieß keine Kommentare, kein Nicken oder Kopfschütteln, dafür aber direkter und permanenter Augenkontakt. Für viele keine leichte Aufgabe, insbesondere, da uns die jeweiligen Gegenüber von ganz persönlichen und teils bedrückenden Erlebnissen erzählten.
Den Abschluss des Seminars bildete eine Art Vertrag, oder ein Versprechen. Nachdem wir besprochen hatten, was zu einem fairen oder unfairen Umgang miteinander gehört, nahm sich jeder eine Sache vor, die man in der Kommunikation nun ändern will. Neben Kompromissbereitschaft, Ehrlichkeit und einer sogenannten VW-Regelung, das bedeutet Vorwürfe in Wünsche umwandeln, entschieden sich doch die meisten für aktives Zuhören. In Zukunft, liebe Freundeskreisler, wappnet euch für viele still zuhörende Gegenüber, die euch bis zum Ende und eventuell auch darüber hinaus ausreden lassen. Es wird kein Nicken oder sonstige Gesten mehr geben, denn diese haben die leidige Macht den eigentlichen Gedankenfluss des Gegenübers zu stören.
Insgesamt war es ein aufwühlendes, lehrreiches, anstrengendes und nachdenkliches Seminar. Die Organisatoren Uta, Simone, Claudia, Maria und Peter haben es zu einem unvergesslichen Wochenende inklusiver Nachtwächterwanderung, Sagen und Geschichten rund um Bad Herrenalb gemacht. Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle. Durchweg waren die Stimmen der Teilnehmer begeistert und froh zugleich, dass obwohl dieses Thema jeden betrifft nur eine überschaubare Anzahl anwesend war. Das Seminar war dadurch intensiver. Ausnahmslos richtig, aber dennoch verwunderlich, dass sich so viele ein solch großartiges Wochenende haben entgehen lassen.
Karin Meyer