Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe - 
Landesverband Baden e.V.

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Offerta - Rückblick 2018

Es war schon ein tolles Gefühl, als ich mit ein paar Metern Abstand zum Geschehen die Menschen beobachtete, welche an unseren Stand kamen, sich dort umschauten, von unseren Mit-Mach-Angeboten Gebrauch machten, eine erfrischende Bowle probierten oder einfach das Gespräch suchten bzw. an unserem Informationsmaterial interessiert waren. Aber genauso beeindruckend war das Auftreten der Freundinnen und Freunde, welche sich zum Standdienst bereit erklärt hatten und den Stand von unserer Seite aus mit Leben erfüllten. Da muss ich unumwunden zugeben, dass hier auch ein wenig Stolz mitschwang, ein Teil des Organisationsteams zu sein. Die Fäden der Ideen, der Planung und Vorbereitung sowie der Organisation und Durchführung der Offerta 2018 liefen wie in den Vorjahren bei Siegbert Moos zusammen und waren dort in den besten Händen.

Unser Bestreben ist ja in jedem Jahr etwas Neues an Aktivitäten anbieten zu können, wenngleich die Promille- und Drogenbrillen immer ein Teil der Aktionen darstellen. So bestand in diesem Jahr die Möglichkeit, seine „sportlichen“ Fähigkeiten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss an einem original nostalgischen Tischkicker aus dem letzten Jahrhundert zu testen. Der Geldeinwurf war zwar noch mit DM gekennzeichnet, aber der Spass war natürlich kostenlos. Es war ein Anziehungspunkt nicht nur für Kinder und Jugendliche - auch und gerade die Herren im gesetzteren Alter bekamen beim Anblick dieses Tischkickers strahlende Augen und Jugenderinnerungen wurden wach. Trotz Spaß, Freude und aufkommendem sportlichen Ehrgeiz wurde das Ziel der erkennbaren Beeinträchtigungen bei Alkohol- oder Drogenkonsum nicht verfehlt.

Des Weiteren konnte man in diesem Jahr unter der Erschwernis der genannten Brillen ein Fahrradschloss öffnen, was beileibe nicht immer beim ersten Versuch gelang. Hierzu hatten wir mit einem giftgrünen E-Bike als Leihgabe der Firma Hirth aus Malsch einen richtigen Hingucker bzw. Eye-Catcher, wie man Neudeutsch in der Werbung zu sagen pflegt. Da wir auch viele Interessenten des Fahrrades an die Firma Hirth in Halle 1 verweisen konnten, entpuppte sich diese Leihgabe als richtige Win-Win-Geschichte. Wie man sieht, kann man selbst beim Thema Sucht auf einer Messe für die ganze Familie erfolgreiche Kooperationen eingehen.

Als absoluter Renner und Türöffner für Gespräche und Aktivitäten, stellte sich aber bereits am ersten Tag unsere angebotene alkoholfreie Apfelbowle heraus. Immer gut gekühlt, da ein  Teil der Zutaten in Form von Eiswürfeln vorproduziert wurden, fand das erfrischende Getränk reißenden Absatz und viel Lob für den guten Geschmack. Da wir damit rechneten, dass wir nach den Zutaten der Bowle gefragt werden, waren wir natürlich vorbereitet und hatten das Rezept auf Visitenkarten drucken lassen. Auf der Rückseite befanden sich, wie konnte es anders sein, die Kontaktdaten unseres Freundeskreises. Mehr als 3000 Kostproben in umweltfreundlichen Mehrwegbechern, die zu unserem Leidwesen ein begehrtes Sammelobjekt wurden, haben wir in den neun Messetagen ausgeschenkt.

Angeboten wurden auch wieder, wie erstmalig im letzten Jahr, das Sehen und Erkennen von Verkehrssituationen auf unserem Monitor, ebenfalls mit den Promillebrillen. Unser Angebot wurde durch Restalkoholbrillen vervollständigt. Die meisten Messebesucher, welche ein paar Schritte mit diesen Brillen gingen, bestätigten auch umgehend, dass ihnen dieses Gefühl beim Aufstehen nach einem feucht fröhlichen Abend nicht unbekannt sei.

Neben diesen Aktivitäten kamen aber auch die Gespräche mit den unterschiedlichsten Personen und Motivationen nicht zu kurz. Uns wurden sehr oft ganz persönliche Probleme und Ängste anvertraut. Man spürte Verzweiflung, aber auch Hilflosigkeit und oft wurden wir gefragt, wie man Menschen mit einer vermeintlichen Suchtproblematik ansprechen soll und wo es Hilfe gibt. Wir konnten meistens mit unserem eigenen Erfahrungsschatz weiterhelfen und auch entsprechendes Infomaterial aushändigen. Jeder Besucher unseres Standes durfte dann auch ein Päckchen Papiertaschentücher mit einem Taschenkalender 2019 und unseren Kontaktdaten als Erinnerung mit nach Hause nehmen.

Aber man macht sich natürlich auch seine Gedanken über Sinn, Zweck und Zielsetzung angesichts des enormen Zeit- und Energieaufwandes, welche so eine Verbrauchermesse mit sich bringt. Da möchte ich kurz 3 Punkte beleuchten. Das wären einmal die Messebesucher, dann die ehrenamtlich engagierten Freundeskreisler und die Marke „Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe“.

Von den Messebesuchern gibt es inzwischen meines Erachtens vier Kategorien:

  1. Da sind einmal diejenigen, welche inzwischen zielgerichtet wegen den Mit-Mach-Angeboten zu uns kommen. Aufgeschnappter O-Ton: „Hey, da ist ja wieder der geile Stand mit den Brillen, da machen wir wieder mit“. Sie haben dann viel fun und nicht selten entsteht auch noch ein ernsthaftes Gespräch daraus.
  2. Die Menschen, meistens Angehörige, welche uns bewusst aufsuchen, um uns ihre Situation mit einem Suchtkranken in ihrer Familie zu schildern und nach Hilfsangeboten zu fragen. Oft gehen sie schon dadurch erleichtert vom Stand, dass sie offen reden konnten und ihnen jemand ohne Vorwurfshaltung zugehört hat. Mit Flyer und Kontaktdaten versehen müssen sie nun selbst ihren Weg finden, mit der Gewissheit, dass ihnen bei den Freundeskreisen die Türen stets offen stehen.
  3. Es kommen aber auch Arbeitgeber, Personalverantwortliche und Angestellte aus Arbeitsfeldern, welche mit Menschen einer vermeintlichen Suchtproblematik zu tun haben. Da sind Mitarbeiter in Kran-kenhäusern, Kitas, Schuldnerberatung, sozialen Einrichtungen, Jobcenter, Lehrer usw. dabei, die nicht wissen, wie sie die Betroffenen ansprechen sollen und wo es Hilfe gibt. Auch diesem Personenkreis können wir meistens Tipps und Infomaterial mit auf den Weg geben und sie fungieren dann als Multiplikatoren, was dem Bekanntheitsgrad unserer Hilfsmöglichkeiten sicher zugute kommt.
  4. Dann sind die noch ganz unbedarften Messebesucher, welche einfach mal stehen bleiben, weil es hier was zum mitnehmen oder probieren gibt. Erst dann schauen sie sich meistens um und erkundigen sich, wo sie überhaupt gelandet sind. Da ist aber in den meisten Fällen das Eis zum stigmatisierten Thema Sucht schon gebrochen und das eine oder andere Gespräch ergibt sich wie von selbst.

Die ehrenamtlich engagierten Freundeskreisler:

Da gibt es fast schon die „Profis“, welche schon seit Jahren ihre Messeerfahrungen an unserem Offerta-Stand gesammelt haben und immer wieder mit neuer Motivation zu Werke gehen. Jeder bringt sich nach seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten, nach seiner eigenen Persönlichkeit ein. Hier gibt es keine Vorgaben oder Richtlinien und jeder Mann und jede Frau kann authentisch mit den Messebesuchern in Kontakt treten. Dass sich da eine Vielfalt von Ansprachen ergibt ist absolut kein Nachteil, sondern zeigt, dass bei den Freundeskreisen die eigene Individualität anerkannt, akzeptiert und auch gefördert wird.
Freunde/Innen die erstmalig einen Standdienst übernehmen, werden natürlich mit dem zu erwarteten Ablauf vertraut gemacht und ermutigt. Erstaunlich ist dann immer, wie schnell diese Freunde/Innen ihre anfänglichen Unsicherheiten oder gar Scheu ablegen und immer selbstbewusster werden. Man bemerkt, wie gut ihnen die positive Resonanz und Anerkennung für unsere Arbeit und Offenheit mit dem Thema Sucht tut. In den Gesprächen fließen dann oft sehr schnell eigene persönliche Erlebnisse ein, welche in der Regel nicht immer nur posiitiv besetzt sind, um dem Standbesucher Mut zu machen und aufzuzeigen, dass es Wege aus dem Teufelskreis gibt. Das stärkt beide Seiten und nach Abschluss der Messezeit gehen die meisten „Neuen“ Standhelfer mit gestärktem Selbstbewusstsein und einer neuen positiven Erfahrung heim.

Die Marke Freundeskreis:

Durch die Teilnahme auf der Offerta aber natürlich auch bei allen anderen Facetten der Öffentlichkeitsarbeit tragen wir dazu bei, dass die Freundeskreise bekannter und nachgefragter werden. Das ist meines Erachtens wichtig, nicht um das eigene Ego zu stärken, sondern damit die Menschen landauf und landab bei Bedarf direkt zu uns kommen können.

Ein weiterer Aspekt ist, dass bei den Menschen der Gedanke im Hinterstübchen abgespeichert wird, dass es bei Suchtproblematik die Gemeinschaft der Freundeskreise gibt, an die man sich jederzeit wenden kann.
Es ist auch eine gute Gelegenheit, unserem Projektförderer, der AOK Gesundheitskasse, zu zeigen, dass die bereitgestellten Mittel gut investiertes Kapital sind. Besonders gefreut hat uns, dass sich die zuständige Mitarbeiterin der AOK Baden-Württemberg vor Ort selbst ein Bild von unserem Messeauftritt gemacht hat und gut eineinhalb Stunden bei uns am Stand verbrachte und sich für alle Bereiche unserer Arbeit aber auch unserer Probleme interessierte. Hierfür Frau Dolde unseren herzlichsten Dank!

Wir müssen also nicht im verborgenen wirken, sondern können mit dem Selbstverständnis der Freundeskreise und unserem Leitbild in die Öffentlichkeit gehen. Deshalb lohnt sich auch der Aufwand und das Engagement von neun Messetagen auf der Offerta, sowohl für die Marke Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe im Allgemeinen, als auch für jeden Einzelnen auf seine persönliche Art und Weise. Offerta 2019 – wer ist mit dabei?

Dieter Engel